Gibt es ein "Traumland"?

Philosophische und kritische Überlegungen zum Thema Traum und Traumdeutung

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Gibt es ein "Traumland"?

Beitragvon Nussknacker » 29.10.2011, 18:13

Mir fällt auf, dass es bestimmte Orte und Personen gibt, die es nur im Traum gibt.
Und es gibt auch Regeln. Zum Beispiel gibt es einen Wald, wenn man da rein geht, kriegt man einen Alptraum mit Menschenfressern. Oder es gibt die Mördergasse, die in der Stadt herumwandert und wenn man da rein geht, wird man von hinten mit einem Messer erstochen.
Leider sieht die anfangs immer wie eine normale Gasse aus. Ich gehe im Traum einfach nicht mehr in schmale Gassen rein.
Im realen Leben denke ich überhaupt nicht daran und gehe natürlich in schmale Gassen rein. Im "Traumland" kenne ich aber all die Regeln und vergesse das alles sofort wieder nach dem Aufwachen.

Dann gehe ich fast immer in dieselben Läden einkaufen, wo ich nicht bezahlen muss. Ich schaue schon nach dem Preis, aber ich stehe nie an der Kasse an. Ich habe im Traum nie Geld dabei.
Außerdem gehe ich manchmal einfach in irgend ein Haus hinein und lege mich in ein Bett. Ich weiß, dass ich das darf. Auch in meinen Traumhäusern liegen manchmal fremde Menschen rum. Es scheint kein Eigentum zu geben.
Weiter läuft die Zeit ganz anders ab. Sie läuft zwar ab, aber es gibt auch Sprünge oder Loops.
Es gibt auch eine Art Geografie der Orte, die immer wieder auftauchen, zueinander. Manche Orte verschieben sich (wie die Mördergasse), andere sind immer an derselben Stelle (wie der Menschenfresserwald).
Es ist nie dunkel. Es ist immer taghell, außer in Alpträumen. Ein Alptraum fängt meist so an, dass es dunkel wird und die Traumlandbewohner sich schon mal verkriechen. Dann weiß man Bescheid, jetzt gehts wieder los.

Kennt das jemand? Oder kennt jemand so was Ähnliches?

Grüße
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Re: Gibt es ein "Traumland"?

Beitragvon Nussknacker » 31.10.2011, 16:13

Hallo ghost. Vielen Dank für deine aufschlussreichenden Erklärungen.
Ich frage mich gerade: Was wäre eigentlich, wenn ich kein Unterbewusstsein habe? Und wenn alle meine Traumbilder einfach nur so meiner Phantasie entspringen und, von aktuellen Problemen beinflusst, Symbole entwickeln, die nur ich entschlüsseln kann?

Deine Deutung ist sehr zutreffend. Wald bedeutet für mich außerdem auch eine große Geborgenheit. Ich fühle mich sehr wohl im Wald. Ich gehöre da aber nicht hin, darum kommen die Bestien und fressen mich. Ich bin gezwungen in die enge Mördergasse zu gehen, die ja bisher immer nur mich getötet hat. Ich kann sie auch flüstern hören in ihren Häusern, diese Menschen.
Der Wald und die Gasse, sie symbolisieren die Gefahren der Natur und die der Zivilisation. In beides gehöre ich nicht hinein. Ich gehöre in große, leere Häuser, die irgendwem oder der Allgemeinheit gehören und da lege ich mich hin.
Was irgendwelche Leute, die ich nicht kenne und die gar nicht da sind, in ihrem Innersten bewegt, ist mir tatsächlich egal. Ob sie Probleme haben und welche - ich werde es nie erfahren. Denn sie sind ja nicht anwesend. Vielleicht gibt es sie gar nicht und das Haus gehört der Kommune? Es sind immer leere Häuser, in die ich rein gehe, um zu schlafen.

Ich kommuniziere tatsächlich nicht tief im Innersten mit Fremden, das stimmt. Fremde interessieren sich auch nicht für mein Innerstes. Mich wundert nur, dass sie so gerne in meinem Haus herumlegen. Es sind übrigens meist Jugendliche mit Schlafsäcken und die machen nie Probleme. Manchmal laden sie mich auf ein Bier ein, manchmal machen sie Musik.

"Dunkelheit: Immer wenn dir wirkliche innere Weisheit, Weitsicht um die kommenden Dinge fehlt"

Dann müsste es viel öfter dunkel sein. Da muss noch irgendetwas anderes mit rein spielen.

Vielen Dank fürs Deuten und Grüße
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Re: Gibt es ein "Traumland"?

Beitragvon Nussknacker » 31.10.2011, 21:14

Hallo ghost.
Für die Uni bin ich sicher eine Fehlbesetzung. Da gibt es viel zu wenig bequeme Schlafsofas und Betten.

Dass ich vor meiner Persönlichkeit flüchte, ist eine interessante Sichtweise. Diese Häuser sind immer etwas Hotel-artig und sehr stylisch. Ich weiß noch, ich stand mal eine Weile in so einem Raum und jemand hatte einen Kirschblütenzweig in eine rote Flüssigkeit gestellt und das hatte die Blüten gerötet. Das stand auf einer schwarzen Bank und sonst war noch ein rotes Sofa in dem Raum und der Glastisch war wie die Vase aus rauchigem Glas und ich dachte, geile Idee, warum kann ich so was nicht? Ich habe eine Schwäche für Innenarchitektur. Ich mag diese Klarheit, die Leere, das Unpersönliche. Und dann legte ich mich da hin, auf dieses rote Sofa.
Wenn ich in ein kleines Hexenhaus kommen würde, wo jemand Männchen aus Kartoffeln gebastelt hat und auf der Fensterbank aufgereiht, dann würde ich sicher nicht schlafen, sondern die Hexe suchen und die würde mir die Bedeutung der Männchen erklären. Das habe ich auch schon geträumt.

Warum liegen die Jugendlichen da herum? Weil Sommer ist und weil das Leben einfach ist? Eine endlose Party, aus der man nie erwacht. Ich glaube, das sind alles Drogentote, die im Traumland landen und dort weiter Party machen und den ganzen Tag Gitarre spielen und singen und glücklich sind.
Vielleicht sind sie auch noch nicht tot, sondern träumen auch, ich muss mal einen fragen.

Grüße
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Re: Gibt es ein "Traumland"?

Beitragvon sternenstein » 04.11.2011, 19:31

Also in meinem Traumland befinde ich mich meist in einer mir bekannten Stadt/Ort/Behausung oder andee Begebenheit die es wirklich gibt, allerdings.... warum auch immer :roll: sehen diese Begebenheiten in meinen Träumen meist irgendwie anders aus.

So zB steht die Kirche im Traum nie wirklich da, wo sie in Wirklichkeit steht. Ich finde mich allerdings wunderbar zurecht in diesem Traumort und wundere mich erst darüber, wenn ich aufwache und darüber nachdenke :idea:
sternenstein
 

Re: Gibt es ein "Traumland"?

Beitragvon Nussknacker » 04.11.2011, 21:50

Ich träume eben fast nie von Orten, die es wirklich gibt. Sondern seit jeher trotz mehrerer Umzüge fast immer von einer Stadt, die es nicht wirklich gibt. Die Stadt verändert sich auch, aber es ist definitiv dieselbe Stadt.
Wenn ich mal von meiner realen Umgebung träume, merke ich meist nicht, dass ich träume.
Eine Kirche gibt es nicht.

Grüße
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Re: Gibt es ein "Traumland"?

Beitragvon VioBlena » 05.11.2011, 11:09

Ich "besitze" eine Traumstadt..
Ich kenne diese Stadt nicht aus dem RL.. aber im Traum kenne ich diese und bin dort auch zu Hause.. allerdings bin ich im Traum grundsätzlich ein Kind und es spielt sich alles nach dem Krieg ab..
Meist bin ich auf der Suche nach meiner Familie..

LG und schöne Träume...

Vio
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Re: Gibt es ein "Traumland"?

Beitragvon Dietmar Schlau » 14.01.2012, 13:54

Hallo Nußknacker,

Orte und Himmels-(Richtungen) sind symbolisch aufgeladen, ja. Der Traum verwendet Symbole aus dem kollektiven Unbewussten. Dessen Inhalte wurden während der gesamten Menschheitsgeschichte gebildet. Wenn man also das Weltbild und den Erfahrungshorizont eines Steinzeitmenschen betrachtet, dann erkennt man die Bedeutung der Symbole. Deshalb gibt es auch Regeln, das hast du korrekt erkannt. Traumsymbole folgen festen Regel, sie sind herleitbar und beweisbar.

Liebe Grüße

Dietmar
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