Der unbekannte Radfahrer an Weihnachten

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Moderator: Mirakulix

Der unbekannte Radfahrer an Weihnachten

Beitragvon noise » 19.12.2020, 23:41

Hallo zusammen,

nach einer Weile muss ich wieder ein Thema posten, was mich jetzt aufgrund der bevorstehenden Weihnachtstage gerade besonders beschäftigt.
Ich erzähle jetzt erstmal, was real passiert ist, und dann was ich geträumt hatte.

Letztes Jahr zu Weihnachten 2019 war ich, wie jedes Jahr üblich, zu Besuch bei meinen Eltern. Am späten Abend des ersten Weihnachtstags bin ich mit meinen Eltern noch draußen durch unser Dorf spazieren gegangen. Eigentlich war es ja schon nachts, so ab 23:15 Uhr, als wir los sind.
An einem Seitenweg neben einer Straßenlaterne bin ich mit meinem Vater stehen geblieben. Er wollte mir zeigen, dass da zwischenzeitlich ein kleiner Supermarkt neu gebaut wurde etc. Während wir so rumstehen, kam plötzlich ein Radfahrer uns entgegen.
Als er immer näher kam, beobachtete ich sein Gesicht. Ein etwas älterer Mann, bestimmt schon um die Ende 60 oder 70 Jahre alt, vielleicht auch schon über 70, mit leichtem Bart. Er kam mir bekannt vor, ich dachte es wäre der eine Nachbar gegenüber von meinen Eltern. Als er vorbei fuhr, grüßte er knapp "n'abend".
Ich sagte dann auch ein knappes "hallo", jedoch leider sehr leise, so dass ich mir nicht sicher war, ob der Mann mein Hallo überhaupt gehört hatte. Mein Vater mag den Nachbarn nicht. Ich war mir aber dann doch unsicher, ob er es wirklich war.
Leider beschäftigte mich das dann hinterher so sehr, dass ich schon etwas traurig wurde, ob der Mann mich vielleicht doch nicht gehört hat und jetzt enttäuscht sein könnte, dass nicht einmal zu Weihnachten die fremden Leute einem zurück grüßen würden.
Daraufhin wurde ich noch umso neugieriger, wer dieser Mann jetzt gewesen sein könnte, ob er tatsächlich dieser Nachbar war, oder jemand ganz anderes.

Im Januar versuchte ich dann bei diesem Nachbar zu klingeln, doch ich erreichte nur seinen Sohn. War mal ganz nett nach über einem Jahrzehnt wieder mit ihm zu reden :) Er meinte, dass dieser Radfahrer wahrscheinlich doch nicht sein Vater war, weil sein Vater in letzter Zeit selten noch Fahrrad fahren würde aufgrund seiner Hüfte. Wegen Corona konnte ich danach leider keinen zweiten Besuch mehr tätigen.

Ende März war dann ein virtueller Musik Livestream im Internet. Ich war traurig, weil ich Angst hatte wegen Corona könnten jetzt viele alten Menschen aus meiner Umgebung sterben, unter anderem auch dieser Radfahrer. Obwohl ich ihn nicht kannte, hatte ich komischerweise Sorgen um ihn.
Ein Song aus dem Techno-Trance Bereich wurde gespielt. Ich versuchte den Namen rauszufinden, er hieß "dont be afraid", also übersetzt "hab keine Angst". Zufall oder eine Anspielung?

Nun zu den Träumen:

Im März hatte ich einen Traum: Ich träumte von Weihnachten 2020, also das jetzt bevorstehende Fest. Ich war wieder bei meinen Eltern, es war der erste Weihnachtstag. Doch komischerweise hatte ich im Traum bis 15 Uhr geschlafen. Ich stand auf, schaute aus dem Fenster und sah aus der Entfernung das Schwarzwaldgebirge komplett verschneit.
Da ich Schnee mag, war ich froh. Ich schaute dann auf die Uhr und stellte fest, dass es noch vor 23:15 Uhr ist und ich daher noch eine Chance habe, den unbekannten Radfahrer eventuell ein zweites mal zur selben Uhrzeit zu treffen.

Noch vor dem ersten Lockdown hatte ich einen interessanten Traum. Ich war in einer Großstadt und parkte mein Auto am Straßenrand. Ich saß noch im Auto, als plötzlich die Erde kurz bebte. Auf der linken Straßenseite sah ich eine fremde Fußgängerin, die sich erschreckte. Rechts von mir waren Bäume zu sehen. Paar Sekunden später rollte eine Tsunami-Welle durch die Stadt und kam mir entgegen. Das Wasser erfasste mein Auto, doch zum Glück blieb ich unverletzt.
In der nächsten Traumszene war das gleiche nochmal, gleiche Stelle. Wieder ein kurzes Erdbeben. Doch diesmal kam keine "zweite Tsunami Welle", sondern eine Plage von Beuteltieren. Unzählige Beuteltiere mit großem Maul überrannten die Stadt.
In der dritten Traumszene das gleiche nochmal. Wieder ein kurzes Erdbeben. Doch diesmal wurde die Tsunami-Welle durch ein Schutzschild abgeblockt.
Hinweis: Das klingt für mich ein wenig wie nach erste, zweite und dritte Corona-Welle :wink: Die erste Welle trifft uns hart, die zweite Welle ist von Beuteltieren geplagt, die dritte Welle wird abgefangen (vielleicht Impfstoff?)

Im November hatte ich einen Traum von dem Nachbarn. Ich war im Traum bei meinen Eltern auf Besuch. Es war dunkel und plötzlich sah ich einen Krankenwagen im Hof vom Nachbarn. Ich machte mir gleich Sorgen. Ich sah nach und plötzlich stieg der Nachbar aus dem Krankenwagen aus und hüstelte dabei.
Mir war klar, dass er mit Corona infiziert sein muss. Ich hatte dann Angst um ihn, ob er es überleben wird.

Wäre nett, wenn mir jemand eine aussagekräftige Deutung geben könnte, und warum ich so viel über den Radfahrer nachdenken muss. Ich hoffe dieser eine Nachbar bei meinen Eltern ist nicht schon an Corona gestorben.
Vielleicht ist ja Almuth noch hier unterwegs. Ich erinnere mich, sie hatte beim letzten mal sogar die realen Ereignisse in Zusammenhang gebracht gehabt.

Grüße, Stephan
noise
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Re: Der unbekannte Radfahrer an Weihnachten

Beitragvon Crank » 22.12.2020, 11:31

Hallo Stephan,

bis Weihnachten soll es möglichst sein, termingerecht! :lol:

Nun, ich verstehe, dass Weihnachten für Dich so aussieht, als würdest Du etwas für Dich Wichtiges erfahren oder als würde es geschehen.

Ich weiß auch nicht, warum Du Dich so sehr um den Radfahrer als Nachbarn sorgst. Es scheint, als habe sich Deine Seele - oder weniger spirituell: Deine Gedanken und Gefühle - ein Bild gesucht, um darum zu kreisen. Mit Ängsten und Schuldgefühlen. Wovon du aber nur das Bewusste siehst, nicht das Unbewusste. Vielleicht eine Ablenkung, eine Verdrängung? Ich weiß nicht recht. Mein erster Gedanke war, dass es doch naheliegend wäre, sich um die einem nahestehenden Menschen zu sorgen und um sich selbst. In Sachen zwischenmenschlicher Beziehungen, Gesundheit, Krankheit und möglichem Tod, der uns allen bevorsteht. Nicht unbedingt durch Corona. Es ist der Lauf der Dinge.

Schuldgefühle und Ängste sind dort eigentlich nicht notwendig. Was auch eine Grundbotschaft der Geschichten und der Träume sein könnte. Eine recht elementare Botschaft, die man sicher immer irgendwo hereindeuten könnte. Aber mir blieb hier wenig anderes als Bodensatz übrig. In Deinem gesamten Beitrag taucht explizit kein Haus oder Wohnung auf in Worten. Haus oder Wohnung verwende ich gern als Ausgangspunkt der Deutung des Innenlebens. Kein Turm, Wasser nur als Schnee. OK, die Fortbewegungsmittel, die sind da. Dazu später.

Ich deute die realen Geschichten einfach auch mal als Traum, für mich bietet sich das an. Ob es nun Offenbarungen sind, an die ich durchaus glaube - oder doch nur Zufälle, die einen zu Gedanken, Gefühlen und Träumen inspirieren - ist im Ergebnis einerlei.

Beginnen wir mit der ersten Begegnung mit dem Radfahrer. Es ist eine Begegnung mit jemand, gegen den Dein Vater Groll hegt, diese Vorstellung hast Du zumindest im Moment der Begegnung. Vielleicht grüßt Du deswegen auch nur verhalten zurück. Das widerum löst offensichtlich eine Kette von Schuldgefühlen und Ängsten aus. Der Nachbar wird sterben, vielleicht ist er das schon oder wird es bald oder irgendwann. Das ist aber nicht Deine Schuld und er wird gewiss nicht daran sterben, dass er denkt, dass Du ihn nicht zurückgegrüsst hast.

Nun gehst Du hin zum Nachbarn, triffst aber nur seinen Sohn. Das innere Kind? Netter Dialog, aber Schuld und Angst konnten hier nicht bereinigt werden.

Das eskalierte dann im März. Sorge um nahestehende Menschen - ja. Aber um Unbekannte? Es scheint eine Art Weltschmerz und der Wunsch, die Welt zu retten. Wer kennt es nicht - möglich ist es bekanntlich nicht. Hier haut entweder unsere höhere Macht oder Dein Unterbewusstsein als nötiger Retter in Deinem Gedankenkarussell dazwischen: "Habe keine Angst!". Ja Stephan, genau das! Das ist eine elementare spirituelle und überaus lebenstaugliche Botschaft. Die auch in meinem spiriuellem Hintergrund sehr wichtig ist. (Ein 12-Schritte Programm und ein spiritueller Freundeskreis als weltweiter Verein.)

Und wenn man keine Angst hat, ist man auch nicht schuld an dem was passiert ist, passiert und passieren wird. Angst, nicht angenommen zu werden, nicht gut genug zu sein, nicht geliebt zu werden oder was auch immer.

Der Traum vom März bringt Dir die Chance, letzte Weihnachten wieder gutzumachen. Der Wunsch, den Radfahrer noch einmal zu treffen, deutlich und zuerst zu grüßen und vielleicht etwas zu reden. Spät aufgewacht bist Du im Traum. Vielleicht auch im Leben, dass Du erkennst, dass Du Angst und Schuld nicht brauchst? Anders herum hat man (fast) immer die Chance, etwas wieder gut zu machen, richtig zu machen (hawaianisch "Ho'oponopno). Geht das nicht mit den Menschen, so geht das nur mit sich selbst. Vergeben, um Vergebung bitten, loslassen von Angst und Schuld.

Der Traum vom Tsunami ... den gab es doch in früheren Träumen? Ich blätter jetzt nicht in 150 Beiträgen. Hier scheint es aber vor dem über das Jahr gezeichneten Zusammenhang (ein nettes Ensemble hast Du da geschaffen!) für mich Dein Leben zu symbolisieren (Auto = Lebensweg), in Liebe und Beruf, Gedanken und Gefühlen. Von der einen oder anderen Welle überrrollt, ab und an arg gebeutelt, letztlich unverletzt (körperlich, das Leben ist manchmal traumatisierend) und wohlbehütet durch die Dir nahestehenden Menschen und Schutz der höheren Macht.

Letzteres kann sich aber nur voll entfalten, wenn man Schuld und Angst loslässt. Was sich hier irgendwie auf den Radfahrer und/oder Nachbarn gebündelt hat. Ein sprichwörtliches Bündel. Das Du in Gedanken fortwerfen könntest. Zunächst aber kannst Du um 23:15 zur Stelle sein. Ist der Radfahrer da, grüße ihn laut und deutlich und wünsche ihm "Frohe Weinachten!". Das macht man auf dem Dorf so und alles ist gut. Ist er nicht da, so kannst Du ihn in Gedanken um Vergebung bitten. Er wird es längst vergessen habe, während Du in Angst und Schuld gefangen bist. Und der Nachbar - ach was weiß ich.

Der Nachbar wird (irgendwann) sterben, der Rafahrer ebenso. Nicht unbedingt an Corona. Und das ist nicht Deine Schuld. Und die Angst - nun, Stephan, sie ist die Gegenkraft zum Glauben. Sind beide schon tot, so ist die Kraft materialisiert. Oh Schreck.

(Nicht spirituell passieren einerseits Dinge, die wir glauben, andererseits Dinge, vor denen wir Angst haben. Unser Bewusstsein kann uns nun erklären, dass das nicht unsere Schuld ist. Das kann unser Unterbewusstsein auch - zumindest theoretisch. "Ist das alles etwa meine Schuld? Nö.")

Zurück zum Fortbewegungsmittel. Es ist erst ein Fahrrad, dann ein Auto, in dem Du noch sitzt. Also eine Weiterentwicklung, ausgebremst im letzten Traume durch die Angst, dass der Nachbar nun doch stirbt - wie der Radfahrer, die hier doch irgendwie verwandt sind. In Deinem Inneren zumindest.

Fortbewegungsmittel sind Symbole des Sich-auf-den-Weg-machens. Räumlich, menschlich. Gute Fahrt zu Deinen Eltern. Oder auch des spirituellen Wachstums. Im Traum mit dem Schutzschild bist Du bereits angekommen. Auf dem Weg bist Du auf jeden Fall.

Der Radfahrer als Dein Persönlichkeitsanteil? Hier sehe ich das kleine Kind, das Fahrrad fährt. Das große Kind, das sich redlich abstrampelt und den reifen Mann, der ankommt und auch sterben wird. Du schaust zurück, in die Gegenwart und in die Zukunft. Noch voller Schuld und Angst. Die nicht notwendig sind.

Didimos Traumlexikon schreibt hier unter "Fahrrad" (Fahrrad fahren): Beim Fahrrad bewegen wir uns aus eigener Kraft und auf eigenen Wegen fort. Betonung der Eigenwilligkeit. Streben nach Unabhängigkeit, möglicherweise Schwierigkeiten mit der Nutzung kollektiver Einrichtungen und Errungenschaften.

So schwer ist das ja nun nicht. Spirituell sind die Kräfte Hoffnung und Glaube einerseits und Schuld und Angst andererseite. Grob vereinfacht.

Vieles mag da unbewusst sein und vergangen. Deine Eltern - Dein Comingout? Schnee - gefrorene Gefühle? Angst um die Nahestehenden, deren Gesundheit und um die Eigene? Und ist es wirklich unbewusst in Orndung, Weihnachten nicht mit dem Liebsten zu verbringen? Keine Ahnung, was es ist. Vielleicht nutzt Du einen der Momente der Stille dafür dieses Jahr, in Dich zu schauen.

Habe keine Angst! "Es" ist nicht deine Schuld - was auch immer. Und der Radfahrer - lasse ihn fahren. Oder auch gehen - wie den Nachbarn.

LG und FW,
Frank
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Re: Der unbekannte Radfahrer an Weihnachten

Beitragvon noise » 24.12.2020, 19:46

Hi Crank,

Wollte nur schnell sagen, dass ich Deinen Post aufmerksam gelesen hatte, jedoch bisher keine Zeit mehr hatte ausführlich drauf zu antworten. Hole ich wahrscheinlich nach Weihnachten noch nach. Jetzt gerade nur eine zeitlich kurze Lücke zum antworten gefunden.
Danke soweit.
Grüße
noise
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