Vatermord

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Moderator: Mirakulix

Vatermord

Beitragvon MariLu » 24.04.2020, 13:10

Hallo zusammen,

Ich hatte diese Nacht einen sehr verstörenden Traum, der mich innerlich ganz schön aufgewühlt hat. Ich habe im Internet nach einer Traumdeutung gesucht und bin dabei auf dieses Forum gestoßen. Hier bin ich nun und grüße euch alle recht herzlich. Ich werde nun meinen Traum mit euch teilen und würde mich sehr über Feedback freuen. Ich moechte vorher eine Warnung aussprechen, weil der Traum ziemlich intensiv und duester ist.

Der Traum:

Ich sitze in dem roten Golf eines guten Freundes und ehemaligen WG-Mitbewohners. Das Auto sieht so ähnlich aus wie das meines Bruders. Ich sitze links am Steuer, mein (Kumpel-)Freund rechts auf dem Beifahrersitz. Es fühlt sich an, als sei ich die Beifahrerin und er der Fahrer, obwohl ich am Steuer sitze.

Das Auto steht geparkt am Straßenrand. Links von mir befindet sich eine Leitplanke, daneben beginnt ein Fußgängerweg mit ein paar kleinen Geschäften am Rande. Rechts neben dem Beifahrersitz, also neben meinem Freund, beginnt ein seichter Abhang.
Hinten auf der Rücksitzbank liegt leicht gekrümmt ein Mann im mittleren Alter. Ich frage, wer das ist. Mein Freund sagt, es sei sein Vater. Der Mann hinten sieht aber jünger und schlanker aus als sein Vater. Der Mann scheint eine Art Arztkoffer dabeizuhaben.
Ich frage, ob sein „Vater“ krank sei. Mein Freund sagt nein, er habe mal wieder zu viel getrunken.

Neue Szene. Ich stehe plötzlich vor dem Auto neben der Fahrertür. Die Tür ist zu, mein Freund sitzt noch im Auto.
Ich drehe mich zum Fußgängerweg hinüber, dort sehe ich meine Mutter. Sie ist auf dem Weg zum Einkaufen.
Ich spreche mit ihr und versuche, herauszufinden, ob mein Vater etwa wieder trinkt und wie es ihr (damit) geht.
Ich weiß nicht, was sie sagt, ich spüre aber, dass sie traurig ist.

Wieder neue Szene.
Ich muss wohl den Mann von der Rückbank aus dem Auto gezerrt haben. Er liegt vor mir auf dem Boden. Ich stampfe auf ihn ein, bis er im Boden versinkt. Ich sehe nichts mehr von ihm außer einem Stück seines Gesichts und seines Kiefers. Ich bin rasend vor Wut und stampfe immer wieder auf sein Gesicht und auf seinen Kiefer ein und ich kann nicht aufhören.
Ich sehe, es ist das Gesicht meines Vaters.
Ich stampfe ihn immer weiter in den Boden hinein.

——

Dann wache ich auf. Ich fühle immer noch rasende Wut und etwas Befreiung. Je mehr ich zu mir komme, umso mehr kommen die Schuldgefühle.
Danach muss ich weinen.

Wie schon die letzten Tage befällt mich eine tiefe Traurigkeit. Ich habe mich vor ein paar Tagen dafür entscheiden, dass ich gern alle Anteile, die in mir sind und die ich im Laufe der Jahre in mir abgespalten habe, integrieren möchte, weil sie zu mir gehören und mich ausmachen.
Die Wut anzunehmen ist nicht einfach. Aber ich möchte das dennoch tun. Sie hat genau wie alle anderen Gefuehle ihre Berechtigung, da zu sein und ich möchte hören, was sie mir zu sagen hat.
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Re: Vatermord

Beitragvon EROSA » 24.04.2020, 13:21

Wow :D

du bist in einem ehrlichen Prozess

:D
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Re: Vatermord

Beitragvon EROSA » 24.04.2020, 13:40

Hallo MariLu :D

deine WeiterEntwicklung interessiert mich


AllRose Poseidom ErosA
:D
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Re: Vatermord

Beitragvon EROSA » 24.04.2020, 16:40

Ok MariLu :D

du zerstoerst im schmerzlichen Erleben das Bild vom Vater das dir durch das Vorleben deiner Aeltern den Gedanken und Worten deiner Mutter Grossmutter und aelteren Bezugspersonen entstanden war
so loesd du dein unbewusstes abwehrendes verhalten gegen solch einen Mann und ziehst ab da nicht mehr unbewusst so einen an ~ UND verliebst dich auch nicht mehr in so einen potentiellen Loser~Vater

DESHALB
bin ich so begeistert
dein MaennerBild wird so bereinigt und du empfaengst einen neuen frischen ErlebnisRaum mit Mann

Das ganze hat weder was mit Spirit/us noch Psycho noch Esotherik zu tun
sondern
is eine ganz naturliche Reaktion einer reifenden eigenstaendigen Frau

Das kann Mamisoehnchen Ghost naturlich weder sehen noch erkennen :D
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Re: Vatermord

Beitragvon MariLu » 24.04.2020, 19:27

Vielen Dank für eure Eindrücke bisher!
Ich muss sie auf mich wirken lassen und sie regen mich zum Nachdenken an.

Erosa, was Du über die Befreiung des Männerbildes schreibst, ist sehr sehr schön und Du sprichst mir aus dem Herzen. Ich danke Dir.

Ghost, deine Worte bezüglich meiner Weiterentwicklung, so etwas stimmt mich auch nachdenklich... aber um ehrlich zu sein nicht all zu sehr. Wie du meinst :-)

Ja, Almuth, Trunksucht spielte auch mal real in der Familie eine Rolle. Das ist schon lang her, da war ich noch ein Kind.

Ich sage euch, wie ich meinen eigenen Traum deute.
Der Mann hinten auf der Rückbank steht stellvertretend für meinen Vater. Mein Freund steht stellvertretend für meinen Bruder. So schließt sich der Kreis und es ist mein Vater und es ist sein Vater. Beides ist wahr. Mein Bruder ist im Traum auch irgendwie ich, es ist nicht klar, wer fährt, es ist nicht klar, wem überhaupt das Auto gehört.
Mein Vater ist im Traum etwas älter als wir, aber nur ein paar Jahre. Er ist mein junger Vater. Der, der getrunken hat, als ich ein Kind war.
Wir fahren (im Traum) unseren betrunkenen Vater auch heutzutage noch auf unserem Rücksitz spazieren. Er ist immer dabei in unserem Leben, der betrunkene Vater.
Bis ich ihn, oder besser: die Erinnerung an ihn und an diese Zeit in Grund und Boden stampfe.
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Re: Vatermord

Beitragvon plush » 24.04.2020, 22:40

Gibt es einen Konflikt in der äußeren Realität, der den inneren getriggert hat? Oder umgekehrt, da ja der innere Konflikt ein viel älterer ist, aus der Kindheit mitgeschleppt?

Ggf. bestünde das Risiko, dass es 'Draußen' nicht konstruktiv weitergeht. Vor allem nicht, wenn Dein Gegenüber seinerseits an einem aus der Kindheit verewigten Konflikt leiden würde, ihn auf Dich projizierend so wie Du umgekehrt den Deinen vielleicht auf ihn. Auch bei ihm gäbe es dann abgespaltene Anteile, verdrängte psychische Potenz. Folglich den Hang zum ersatzpotenten Streiten, wer in dem Auto das Sagen, das Ruder in der Hand haben soll.

Richtig wäre m.E.: überhaupt Aussteigen aus dem Auto; denn wenn es ein Ersatzpotenzsymbol wäre, dann würde mit ihm grundsätzlich unmöglich sein, aus eigener Kraft voranzukommen, egal ein wie 'guter' Fahrer und Rechthaber man sei...

Leichter gesagt als getan, der Ausstieg (aus allem Kranken). Es bedürfte einer Methode, weil ohne die dreht man im Kreis, von einer Scheinbefreiung in die nächste...

Gut ist, dass Du Deine Wut auf den infantilen, an der Flasche hängen gebliebenen Vater befreist, denn diese Person (deren Abbild und Wertekanon sich in Dein Über-Ich eingenistet hat) sollte mitschuldig daran sein, dass Anteile Deiner echten, eigenen psychischen Potenz abgespalten wurden,verdrängt ins Unbewusste.
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Re: Vatermord

Beitragvon MariLu » 27.04.2020, 20:39

Plush, Du hast einen interessanten Aspekt angesprochen.
Tatsächlich wurde der Traum durch einen Vorgesetzten getriggert, der durch bestimmte Handlungen das Wutgefühl bei mir ausgelöst hat.
Es kann sehr gut sein, dass ich wiederum etwas bei ihm auslöse, der Eindruck drängt sich auf.
Vielleicht bin ich ja blind, aber ich sehe das Risiko einer Stagnation eher weniger, sondern ich sehe die Situation, die ich im Real Life habe, als Chance. Sonst würde das Leben mir (uns) so etwas nicht vorsetzen. Klar, ich kann weglaufen und dann rassele ich in die nächste Situation, in der etwas ähnliches passiert. Ich will aber nicht weglaufen, sondern es mir anschauen. Das ist mein Weg und ich vertraue in diesen Weg. Jemand anders würde es anders machen.
Der Ausstieg aus allem Kranken... glaubst Du, das ist möglich? Hast Du dieses Ziel bisher schon erreichen können?
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Re: Vatermord

Beitragvon plush » 28.04.2020, 02:56

Wenn die ganze Kindheit und Jugend hindurch unendlich viel Mühe investiert wird, den eigenen Nachwuchs gut gemeint (und ahnungslos) seelisch derart krank zu machen, dass er ein wertvolles Mitglied dieser Art von Gesellschaft wird (was auch bedeutet, die Kindheitsmuster in den privaten und beruflichen Beziehungen nachzubilden), dann zieht sich das "Aussteigen" hin. Das beste ist wohl, sich für den Rest der verbleibenden Lebensspanne damit zu befassen, in dem maße, wie man vorankommt, die Beziehungen in Richtung des Gesunden umzugestalten.

durch einen Vorgesetzten getriggert, der durch bestimmte Handlungen das Wutgefühl bei mir ausgelöst hat.

Als Vorgesetzter wäre er also prädestiniert, eine Projektion des erziehenden, am Nuckel hängen gebliebenen, sich gern im Kinderwagen rumkutschen lassenden Vaters bei Dir getriggert zu haben?


Vielleicht bin ich ja blind, aber ich sehe das Risiko einer Stagnation eher weniger, sondern ich sehe die Situation, die ich im Real Life habe, als Chance. Sonst würde das Leben mir (uns) so etwas nicht vorsetzen. Klar, ich kann weglaufen und dann rassele ich in die nächste Situation, in der etwas ähnliches passiert. Ich will aber nicht weglaufen, sondern es mir anschauen. Das ist mein Weg und ich vertraue in diesen Weg. Jemand anders würde es anders machen.

Ja, auf seine Weise. Aber mit dem gründlichen Interesse an den Botschaften Deiner Träume hast Du einen universell gültigen, unfehlbaren Lügendetektor zur Hand. Das Ich-Bewusstsein macht sich leicht etwas vor, das Unbewusste (Autor der Träume) klärt es auf. Sofern halt das Bedürfnis nach schonungsloser Selbsterkenntnis seitens des Ichs nicht lebendig begraben wurde.

Liebe MariLu. Ich freue mich sehr, Dir hier zu begegnen!
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