von Joshua N. » 18.09.2011, 23:04
Hier enden praktisch alle Urmythen aller Urkulturen der Erde; es ist als ob ihre Absicht sei, über den Ursprung des unaufhörlichen Kreislauf des Leids zu berichten, denn die Urhelden erscheinen schließlich im letzten Mythem als Sinnbild der heutigen Menschheit seit Einführung der Monogamie. „Enkidu“ - mit dem chtonischen „Adam“ identisch - einstiges Ebenbild Gottes, tritt am Ende „linkisch“ in der Unterwelt gefangen auf, verdammt mit verletzten Füßen wie das Oidipus-Geschlecht und ewig herumirrend auf der Suche nach der verlorenen Urbestimmung/ Dilmun, das ‘Paradies‘) ohne es zu finden... Die Urmythen erzählen also unsere alleigene Tragödie nach...
Zur Zeit Freuds versuchte man sowohl die sich der Symbole bedienenden „Träume“ als auch die Mythen mit der selben Methode auszulegen. Während die Mythen aber insgesamt vom Schicksal der Menschheit bis heute erzählen - von immer den gleichen historischen Ereignissen -, enthält jeder Traum eine von Tag zu Tag immer verschiedene Botschaft des Unbewußten... Ebenfalls gibt das Unbewußte den Symbolen des Traumes eine von mal zu mal andere Bedeutung, je nachdem, in welchen Zusammenhang sie für die Mitteilung einer Botschaft des Es gesetzt wurden, so müssen die Symbole auch dann, wenn sie vom selben Träumer geträumt werden, stehts neu – anhand seiner „Freier Assoziationen“ – ausgelegt werden.
Auch für den Fall also, daß ein Traum scheinbar die selben Symbole wie ein Mythos verwendet, dürfen sie nicht ohne die Assoziationen des Träumers ausgelegt werden – wie manche machen –, ja darf man grundsätzlich nie die gewonnene Bedeutung eines Symboles für die Auslegung einen anderen Traumes verwenden, auch dann nicht, wenn das gleiche Symbol in den darauf folgenden Träumen erneut aufzutauchen scheint: Man soll über jedes Symbol stuhr und unvoreingenommen immer wieder neu assoziieren lassen. Noch weniger darf der Traumanalytiker sich seiner eigenen Einfälle oder Assoziationen für die Auslegung fremder Träume bedienen. Derartiger Versuch führt zur Fälschung der ES-Botschaft des Träumers hin. Auch darf der Analytiker keine Hypothesen bauen, glaubend sie wären dienlich zum Erschließen der Bedeutung – egal wie einleuchtend sie ihm erscheinen mögen –, sondern muß er den Träumer so lange über die Symbole des Traums assoziieren lassen, bis er vom ‚Bauch‘ das Gefühl über genügend Informationen zu verfügen gewinnt, und dann für die Erarbeitung eines Auslegungsversuch sich an jede einzelne Assoziation halten, bis ein sie alle berücksichtigendes Konzept erarbeitet ist und nicht davon ablassen, auch dann, wenn es dem Träumer nicht behagt und ihm selber nicht passt. In solchem Fall muß man sich also nach Sokrates richten der lehrte: „wer die Wahrheit sucht, soll nicht erschrecken wenn er sie findet.“
Die Anwendung der „Freie Assoziierungs“-Methode – diese große geniale Entdeckung Freuds! soll sich also strik nach dem Träumer richten und nicht nach jemand anders. So darf der Träumer bei jenen Fragen, für die er keine Antwort, keine Erklärung weiß, niemand anders fragen oder in einem Lexikon suchen, sondern soll er nachdenken und sagen, was ihm einfällt, egal wie ‚unwissenschaftlich‘ oder absurd es ihm scheinen mag, denn das Unbewußte rechnet in solchem Falle mit der Unwissenheit des Träumers - sozusagen bedient sich das Unbewußte seiner Unwissenheit um ihn aufzuklären. Fremde Hilfe würde zu einer zusätzlichen Entfremdung des Träumers führen, egal wie rational logisch oder gut gemeint die ‘Aufklärung‘ sein mag. So sind all jene Bücher, die Listen von Symbolen mit den respektiven Bedeutungen anbieten, völlig unbrauchbar, wenn man die Wahrheit anhand Traumdeutung erfahren will, eher führen sie zu einer Verschlimmerung der Selbstentfremdung, -verwirrung und Vertiefung der eigenen Unwissenheit hin.
Denn der Zweck der Träume ist nicht zu unterhalten, auch nicht – wie viele Pseudowissenschaftler behaupten – die Ereignisse des Vortages zu verarbeiten, noch weniger die Zukunft vorauszusagen und derartsonstigen endlosen Aberglauben, sondern Selbsterkenntnis. Um sich verständlich zu machen, sucht zwar das Unbewußte nach passenden - dem Träumer geläufigen - Ereignissen und Situationen, auch vom Vortage, die darin verkleideten Botschaften befassen sich aber nicht mit dieser umgebenden Realität –deren Bewältigung die Aufgabe des Ichs ist –, sondern mit den inneren Anliegen des Es, es konfrontiert den Träumer mit seiner innerer Lage – in unserer Gesellschaft ein prekäres, kein unterhaltsames Thema, da wir alle in Folge der Kindheitserziehung im instinktwürgenden Korsett der Moral stecken, so konfrontiert uns das Es mit seinem Leiden, mit seiner Not, damit wir ihn befreien, heilen und helfen die naturgemäße Entwicklung nachzuholen.
Diese Not ist doppelt; einerseits besteht sie aus den Frustrationen der durch die moralische Erziehung gehinderten Grundbedürfnisse/ Verdrängung), andererseits aus der sich daraus ergebenden Sinnlosigkeit unserer gesellschaftlichen Existenz, denn das Glück und der Sinn des Lebens setzten die psychische Vollentfaltung voraus, im Patriarchat eine Unmöglichkeit. Für diese doppelte Botschaft bedient sich das Es eines doppelten Weges: der 'Intuition‘ für die konzeptmäßig-„technische“ Aufhebung der “Instinktverar-mung“ und der ‘Inspiration‘ für den Hinweis auf den Existenzsinn, insofern stellen unsere Träume eine doppeltheilsame Botschaft dar, und die Traum-deutung eine therapeutische und Lebensinnerhellende Methode zugleich...
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Joshua N. am 19.11.2011, 11:06, insgesamt 1-mal geändert.