Das entrückte Kreuz

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Moderator: Mirakulix

Das entrückte Kreuz

Beitragvon Granatapfel » 27.07.2017, 08:18

Ich bin bei meiner Mutter zu hause in einem knorzigen Fachwerkhaus, sie hat die Zwischendecke zur Hälfte ausbauen lassen, so dass man jetzt vom Bett aus direkt ins Dachgebälk schauen kann. An das Zimmer angrenzend ist eine offene Tür, die in den Garten hinaus führt.

Szenenwechsel:
Wir sitzen mit mehreren Bekannten an einem Tisch im Hof, Der Tisch ist von einem roten Pavillon überdacht. Einer der am Tisch sitzenden hat ein Holzkreuz in der Hand. Es soll einem jungen Menschen zur Konfirmation geschenkt werden.
Er erklärt dass er es selbst gebaut hat und dass es aus 10 Teilen besteht. Er preist es an, als wolle er es verkaufen. Das Kreuz ist so gestaltet, dass der obere Bereich der Längsachse weit nach rechts gerückt ist, und der untere Bereich weit nach links. Es steht also nicht gerade. So ungefähr:
.......|....
___ooo___
....|.......
....|.......
(die Punkte bitte wegdenken)

Ein anderer hat einen Brief für den Konfirmanden angefertigt. Ich sehe mir diesen Brief an und bin nicht einverstanden damit. Es ist eine Auflistung an Verboten und Vorschriften, wie sich der junge Mensch bezgl. seiner Sexualität künftig verhalten soll. Am meisten fällt mir ein Satz auf: "Wenn du mit 19 noch keinen Balkonkontakt hattest..." Ich wundere mich über dieses Wort "Balkonkontakt" und frage mich, warum der Schreiber ein so seltsames Kunstwort erschaffen musste.
Ich spreche mit meinem Freund darüber und möchte mich gegen dieses Regelwerk äußern. Er hält mich zurück und mir wird klar dass es wenig Sinn macht, mit überzeugten Christen zu diskutieren.
Eine Heizung steht auf dem Tisch. Auch diese soll dem Konfirmanden geschenkt werden. Der Brief wird daran befestigt.

Szenenwechsel:
Ich sehe mich jetzt doch in einer Diskussion mit dem Briefschreiber. Ich versuche ihm zu erklären, dass die menschliche Sexualität in ihrer Gesamtheit natürlicher ist, als all diese christlichen Vorschriften. Man kann keinem Menschen vorschreiben, wie er zu fühlen hat. Ich schaue mich um, betrachte die Natur und erkläre ihm dass alles um uns herum natürlich ist. Dort gibt es keine Dogmen. Ich frage ihn, warum denn Gott die Homosexualität überhaupt erschaffen hätte. Er sagt "Es ist eine Prüfung". Ich finde diese Begründung zu schwammig und zähle ihm Beispiele aus dem Tierreich auf, in denen auch gleichgeschlechtlicher Sex vorkommt.

Dann bin ich aufgewacht.
------------------

Meine Interpretation zum Kreuz:
Mir fällt als erstes das Wort "entrückt" ein. Die Mitte des Kreuzes ist unterbrochen. Das Gewicht ist verlagert, es hat keinen festen Stand mehr und ist so in seiner Funktion/Symbolik gestört.
Die Heizung und der rote Pavillon:
Vielleicht ein Bild für Wärme, Geborgenheit, Schutz.
Die Diskussion um die Sexualität:
Ein in mir schlummernder Wunsch, den ich nicht auslebe, weil er nicht in "Lebenskonzept" passt.

Was haben die Zahlen 10 und 19 zu bedeuten?

PS: Ich bin bin weiblich, 35. Ich bin nicht christlich erzogen worden, und auch sonst ohne derartige Vorschriften oder Vorurteile.
Granatapfel
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Re: Das entrückte Kreuz

Beitragvon plush » 27.07.2017, 14:47

Hallo Granatapfel !

Träume stellen Botschaften des Unbewussten dar, die über Deine innere Situation berichten, die ihrer symbolischen Sprache wegen ausgelegt werden müssen. Dafür versetze Dich bitte nochmal in die Handlung Deines Traumes und suche eine Überschrift, die zu seiner Dramaturgie gefühlsmäßig passt. Am besten wäre eine poetische, so wie die Dichter mit ihren Werken machen. Kannst Du Unterkapitel entdecken? Gegebenen Falls setze ihnen eigene Überschriften auf...

Im nächsten Schritt geht es um die einzelnen Symbole Deines Traumes:

Von Personen, die Du kennst, erstelle bitte Charakterportraits, die ihre Vorzüge und negativen Seiten beleuchten, so dass man sich eine Vorstellung von ihnen machen kann. Unbekannte Personen skizziere ihrem Alter und Aussehen nach, Größe, Haarfarbe, Gesichtsausdruck, Haltung usw. Überlege auch, an wen, oder an was für ein Ereignis sie Dich erinnern könnten.

Für die nicht-personalen Symbole gilt, dass Du bei jedem für sich beschreiben sollst, wie es funktioniert, was es tut, woher es stammt (entsteht oder hergestellt wird) und wozu es sich selbst oder seinem Nutzer dient. Ob Deine Einfälle wissenschaftlich richtig sind oder nicht, ist unwichtig. Auf keinen Fall schaue in einem Lexikon nach.

Ein Beispiel, um Dir das „Freie Assoziieren“ besser nachvollziehbar zu machen:

Ein Junge träumte, er wurde von einem Arzt untersucht; der stellt fest: ein Organ liegt schief und soll operiert werden. Darnach schickt er ihn ein Stockwerk höher, um von drei anderen Ärzten seine Nase untersuchen zu lassen; sie entdecken Polypen, die sollen vorher operiert werden.

Dieser Traum hat 5 Symbole, die der Junge beschrieb wie folgt:

Ärzte: Sie haben Gesundheitsmodelle, die erlauben, Krankheiten zu erkennen.
.......................Gesundheit: Naturzustand

Organ: Körperbestandteil, das man braucht zum leben.
..........Körper: Ein Teil der Seele, die auch einen Geist hat.
......... Geist: Der Seelenteil, der gesundes und krankes unterscheidet.

operieren: Eingriffe machen, die die Heilung fördern.

Nase: zum Luft holen und Riechen
.............Luft: ein lebensnotwendiger Stoff.
.............Riechen: Qualität der Nahrung prüfen.

Polypen: Verstopfen die Nase.

Wie Du siehst, beim Beschreiben der ursprünglichen 5 Symbole tauchen neue auf, die auch definiert und beschrieben werden sollen. Je mehr "Freie Assoziationen", um so besser.. Seinem Traum gab der Junge die Überschrift "Unangenehme Überraschung".

Ich freue mich auf Deine Vorbereitungen!
Herzlichst, Dein Plus
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Re: Das entrückte Kreuz

Beitragvon koko » 28.07.2017, 09:55

PS: Ich bin bin weiblich, 35. Ich bin nicht christlich erzogen worden, und auch sonst ohne derartige Vorschriften oder Vorurteile.

Ja, aber 'sozialisiert' in einem kulturellen Umfeld, das durchunddurch "moralisch" konzipiert ist: Auch die modernen, 'gottlosen' Nationen haben das Meiste vom Dekalog Mosis' übernommen, so dass "Staat" und "Gott" quasi synonym sind. So scheint Deinem Traum nach eine Parallele zu bestehen zwischen der Holzkonstruktion des Daches im Haus Deiner Mutter und dem christlichen Kreuz. Das steckt in einem drin (sinnbildlich), auch wenn man nicht explizit "christlich" erzogen bzw. indoktriniert wurde. Bei Dir scheint allerdings was "schief" gelaufen: Deine Erziehung hat nicht so gut funktioniert (das Kreuz ist entrückt = hat seine volle Absicht nicht verwirklicht), dass Du unfähig gemacht worden wärest, Deine innere Situation zu hinterfragen. Wissbegierde (triebhafter Forscherdrang) ist auch ein natürliches Bedürfnis... wichtig nicht zuletzt bei der körperlichen Lust.

Der Forscherdrang wirft die Frage auf: Was ist überhaupt Holz? Wo kommt es her, woraus wird es auf welche Weise gemacht?

Was haben die Zahlen 10 und 19 zu bedeuten?

Beide bilden in der Quersumme "1" (1+0= 1 / 1+9=10= 1+0=1); das weist gemäß Freuds Lehre auf das 1. Lebensjahr hin. Also die Säuglingsphase, die Mutter als jene Person, die dem Baby ein 'Dach über'm Kopf' bietet. Nahhrung, Wärme (Heizung) und - außerdem - Belehrung = moralisch instruierender Brief.

Jetzt schau Dir noch an, was ein "Balkon" ist. Mach am besten eine Skizze (analog zu der des Kreuzes), die das Teil und den Gegenstand, an dem es 'befestigt ist, aus der seitlichen Perspektive zeigt. Darnach lass uns weiter reden, ok?
koko
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